"Asylbewerber" (Poetry Slam)

Ein Poetry Slam über die Suche der eigenen Identität, über das Akzeptieren des Anderssein und die Suche nach einem Platz in der Welt. Wo find' ich mein "Asyl"?

Asylbewerber

Ach wär ich bloß kein Außenseiter 

Dann wär die Welt ok, 

Mainstream ja, Individualität ne

Würd ich nur rein passen in die Welt der Kleingeister

Ich könnt alles und in allem wär ich Meister

(Also eigentlich nicht, aber ich würde dann ja immerhin so tun )

Denn Schein ist Sein und das eigentliche Sein, das lass ich dann Ruh‘n

Denn wer bleibt was er ist der gehört nicht hier her  

Und deswegen verlier ich mich lieber und frag mich danach:

bin ich eigentlich überhaupt irgendwer ? 

Schnell verwerf ich den Gedanken 

Weis mich in meine Schranken 

Mit der Gefahr dran zu erkranken 

Wer ich bin - das interessiert hier sowieso keinen 

Außerdem: wer ist schon mit sich im Reinen?

Ach wär ich bloß ein Teil von euch

Was ich dafür brauch? 

Konsum 

Gefolgt von Ego und von Ruhm 

Besser zu viel als zu wenig

Wie sonst werde ich selig?

Oder ist es nicht das selig Sein was ihr wollt ? 

Wahrscheinlich eher Geld und Gold 

Vielleicht gehör ich nicht dazu, weil ich es nicht versteh

Zugegeben: in meiner Seele tut das manchmal ziemlich weh 

Denn so sehr ich es auch wollen würde

Gibt’s doch immer eine Hürde 

Mein Selbst steht mir im Weg 

Oder doch ein Privileg ? 

Ach wär ich bloß wie ihr

Mich reinzupressen in die Form der euren 

Anzupassen an die teuren 

Lebensstandards und den Status 

Zu leben nicht nach meinem Rhythmus 

All das - ich hab’s getestet

Mich dabei zu viel gemästet 

Jetzt bin ich voll und leer zugleich 

Denn der Inhalt war zwar viel, doch an Qualität nicht reich 

Das Gefühl von leer und voll 

Sagt mir - fühlt ihr euch toll ?

Ach wär ich bloß nicht ich

Alles wär dann besser für mich - ganz sicherlich !

Doch dann sag ich mir im Stillen:

Denk nochmal nach bevor du dich verstellst

und dich in diese Welt gesellst

Willst du denn so sein ? Wahrscheinlich eher nicht 

Und dann verändert sich ganz plötzlich meine Sicht 

Denn gerne bin ich 

Außenseiter statt Ausbeutungsspitzenreiter 

Individualist statt Kapitalist 

Kleingeldzähler statt FDP -Wähler 

Genießer statt Spießer

Und lieber bin ich Amüsant statt uninteressant und arrogant 

Vielleicht bin ich doch froh anders zu sein als ihr 

Zu sein,

im Jetzt und Hier

Die Dinge zu erkennen die wirklich schön sind 

Um einige zu nennen:

Weidenkätzchen, Kinder mit Lätzchen, 

Sonnenstrahlen, Kaffee mahlen,

Fische im See, vierblättriger Klee,

Regen auf der Haut, Autobahn ohne Maut ....

Zum Glück bin ich so anders als ihr

Ganz ohne Plan und Ziel 

Und ein bisschen zu viel Gefühl 

Doch wer sagt mir: 

Wo find ich mein Asyl ?